Jahrhundertunwetter: JET-Gruppe sichert Produktionsstätte von Miele gegen Hagelschlag
Gleich zweimal im Abstand von etwa vier Wochen wurde der Hausgerätehersteller Miele im Sommer 2013 von einem schweren Hagelsturm getroffen. Besonders die mit Einfach-Drahtglas ausgestatteten Tageslichtelemente auf den Flachdachbauten am Produktions- und Logistikstandort Gütersloh wurden dabei in Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche Risse bildeten eine Gefahr für die Dichtigkeit der Konstruktion, was erhebliche Auswirkungen für die gesamte Produktion bedeutet hätte. Eine schnelle und nachhaltige Lösung bot schließlich die JET-Gruppe (Hüllhorst) mit dem Lichtbandsystem „JET-VARIO-THERM“ in Kombination mit der Spezialverglasung „JET-Hagelstop“. „Die Sanierung musste zügig in Angriff genommen werden und im laufenden Produktionsprozess stattfinden“, erklärt Yannick Tegeler Produktmanager der JET-Gruppe. Eine große Herausforderung für alle Beteiligten.
Immer wieder verursachen Hagelstürme schwere Schäden an Gebäuden, Fahrzeugen und in der Landwirtschaft. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt diese Schäden teilweise auf Milliardenhöhe. So auch beim Jahrhunderthagel 2013: Im damaligen Sommer wurde unter anderem das weltweit für seine Qualität bekannte Unternehmen Miele Opfer eines solch extremen Wetterereignisses. Besonders schwer betroffen war der Produktions- und Logistikstandort des Unternehmens in Gütersloh.
Gefahr für Fertigung und Mitarbeiter
Das Ausmaß des Glasschadens in der Miele-Produktionsstätte war enorm: „Kaum eine Drahtglas-Scheibe der bestehenden Sattellichtbänder hielt der Belastung durch den Hagel stand“, erinnert sich Diplom-Ingenieur Hans-Martin Bräkling, Abteilungsleiter Hochbau in der Bauabteilung von Miele. Zwar hielten sich die Drahtglasscheiben der Sattellichtbänder in ihren Gefachen, doch bildeten sich durch den Aufprall der Hagelkörner fast überall Risse in der Verglasung. Daher fürchtete das zentrale Baumanagement des Unternehmens das Eindringen von Feuchtigkeit ins Gebäude. Dies hätte einen enormen Schaden für die hochkomplexe Fertigung bedeutet. Um zu verhindern, dass die Glaskonstruktion durch die Rissbildung ihre Resttragfähigkeit verlieren würde und um weiterhin einen reibungslosen Ablauf der Produktion zu gewährleisten, wurde zunächst ein Dachdeckerfachbetrieb zu Rate gezogen. Dieser dichtete die beschädigten Scheiben umgehend mit Bitumenbahnen ab und stabilisierte sie so. Eine vorläufige Lösung war damit gefunden, doch an einer vollständigen Sanierung der Lichtbänder führte – schon allein wegen des nötigen Tageslichteintrages in der Produktionsstätte – natürlich kein Weg vorbei.
Sanierungskonzept mit Blick auf Nachhaltigkeit
Bereits in einer frühen Phase der anstehenden Sanierung wurde die – ebenfalls in Ostwestfalen ansässige – JET-Gruppe (Hüllhorst) als kompetenter Ansprechpartner im Bereich Lichtbänder mit ins Boot geholt. „Wichtig war Miele bei der Sanierung nicht nur eine künftig verbesserte Witterungssicherheit“, erläutert JET-Produktmanager Yannick Tegeler. „Man wollte auch eine energieeffiziente Lösung finden, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.“ Gemeinsam wurde daher nach Konzepten gesucht, die diese wichtigen Eigenschaften vereinen.
Als beste Option stellte sich schließlich das Lichtbandsystem „JET-VARIO-THERM“ in Verbindung mit der sogenannten „JET-Hagelstop“-Verglasung heraus. Dieses Lichtband kombiniert eine besonders gute Wärmedämmung mit hoher Tragfähigkeit und schafft es dabei, effektiv Wärmebrücken zu vermeiden. Erreicht wird dies durch ein Kompositprofil, bestehend aus PVC-Basis und Aluminium-Abdeckprofil, in Verbindung mit einem dämmenden PVC-Zargenanschlussprofil. Je nach eingesetzter Verglasung und Abmessungen des Lichtbandes kann das JET-VARIO-THERM-System Uw-Werte von bis zu 1,2 W/(m²K) erreichen. Durch den Einsatz der JET-Hagelstop-Verglasung wird dieses hochenergieeffiziente Lichtband zusätzlich noch besonders witterungsbeständig.
Künftig sicher – geprüfter Hagelschutz
Um zukünftigen Hagelschlägen vorzubeugen, entschied sich Miele neben dem hochdämmenden Lichtband daher auch für die extrem widerstandsfähige Hagelschlagverglasung der JET-Gruppe. Zuvor wurde diese Kombination bereits bei dem auf Hagelschlag spezialisierten Schweizer Institut „Flüeler Polymer Consult“ (FPC) auf seine Leistungsfähigkeit geprüft – mit positivem Ergebnis: Die Konstruktion konnte als HW5-geeignetes Produkt klassifiziert und in das Hagelschutzregister der VKF (Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen) aufgenommen werden.
„Das Besondere an unserer speziellen Hagelstop-Verglasung ist der Kassettenaufbau“, erklärt Tegeler. Dieser besteht aus einer 16-Millimeter-Siebenfach-Platte aus Polycarbonat in Verbindung mit einer weiteren außenliegenden Polycarbonat-Massivplatte in einer Stärke von drei Millimetern. „Kombiniert mit weiteren zusätzlich verstärkten Bauteilen wie Obergurten und Traufprofilen aus Aluminium“, so Tegeler weiter, „konnte die Konstruktion im Labor die Klassifizierung HW5 und damit die höchste Hagelwiderstandsklasse erreichen.“ Die Verglasung bewies dabei ihre hohe Schlagzähigkeit in sämtlichen Prüfkriterien und erhielt durchgehend diese sehr gute Klassifizierung (VKF-Klassifikation Nr.: 25036). Damit ist im Fall eines Hagelschlagereignisses sowohl bei der Wasserdichtheit als auch bei Lichtdurchlässigkeit und Optik für die gesamte Konstruktion kein nennenswerter Schaden zu erwarten. Um dies nachzuweisen, wurde die Konstruktion während der Prüfung mit Hagelkörnern eines Durchmessers von bis zu 50 Millimetern in einer Geschwindigkeit von rund 112 Stundenkilometern beschossen. Ein Test, den das Lichtbandsystem mit Bravour bestand. Damit ist JET-VARIO-THERM die einzige Lichtbandkonstruktion auf dem deutschen Markt mit einer entsprechend umfangreichen Nachweisführung und stellte für Miele genau die richtige Lösung dar.
Mit Corporate Design zum sommerlichen Wärmeschutz
Bei der Definition der außenliegenden drei Millimeter Polycarbonat-Verglasung fiel die Wahl des Gütersloher Unternehmens auf das grün eingefärbte Material „Cool & Clear“. Dieses bot einerseits die gewünschte Schlagzähigkeit, andererseits passte es sich farblich bestens an den Standort an, dessen Fassaden ebenfalls in Grüntönen gehalten sind. Ein weiterer Pluspunkt: Die besondere Färbung blockiert den Durchgang energiereichen Lichtes und wirkt damit einer schnellen Aufheizung des Gebäudes im Sommer entgegen. Der g-Wert der gesamten Kassettenverglasung liegt bei nur rund 28 Prozent und ermöglicht so einen guten sommerlichen Wärmeschutz. Gerade bei großen Lichteintragsflächen ist dies wichtig, um ein möglichst gleichmäßiges Produktionsumfeld zu erhalten. So sorgt eine natürlich beleuchtete und wohl temperierte Raumatmosphäre nicht nur für angenehmes Arbeiten: Sie vermeidet ebenso weiteren Energieaufwand zur Klimatisierung des Gebäudes. Mit einem Ug-Wert von rund 1,6 W/m²K erreicht der gesamte Lichtbandaufbau einen Uw-Wert von ca. 1,4 W/m²K. Dieser liegt deutlich unter dem Referenzwert der EnEV 2014 / 2016 für Lichtbänder (Uw = 2,4W/m²K).
Auch im Bezug auf die schalldämmende Wirkung zeigt der Kassettenaufbau der Verglasung seine Stärke: Während eine Standardverglasung ein Schalldämmmaß von 17 bis 18 Dezibel erreicht, glänzt die Kassettenverglasung der JET-Gruppe mit einem Rw-Wert von 26 Dezibel. Damit verbessert sie die Schalldämmwirkung deutlich und schafft nahezu eine akustische Halbierung der von außen eindringenden Geräusche – ein weiterer Faktor für ein ruhiges und angenehmes Arbeitsumfeld.
Sanierung im laufenden Produktionsprozess
Der richtige Ersatz für die zerstörten Sattellichtbänder in Gütersloh war damit gefunden. Eine besondere Herausforderung wartete aber noch auf alle Beteiligten: Die Umsetzung einer reibungslosen Sanierung während des laufenden Produktionsprozesses. Dies erforderte eine genaue Detailplanung der einzelnen Arbeitsschritte – von den Sicherungsmaßnahmen, der Demontage der Bestandskonstruktion bis zum Aufbau der neuen Lichtbänder. Dabei stand das Thema Sicherheit für die Montageteams sowie für die Mitarbeiter in der Produktion an erster Stelle. Niemand sollte durch Absturz oder herabfallende Gegenstände wie Werkzeuge oder Baumaterial gefährdet werden. Zudem musste die Produktionsstätte selbst vor eindringendem Niederschlag geschützt werden. Komplikationen in diesem Bereich hätten gravierende Folgen für die Maschinen oder die hochwertige Produktion haben können. Um dies zu verhindern, wurden die zu sanierenden Flächen aufwendig eingehaust. So konnte der nötige Witterungsschutz gewährleistet werden. Weiterhin wurden die Dachöffnungen im Vorfeld durch spezielle, feinmaschige Textilien geschlossen, um hinabstürzende Gegenstände aufzufangen. Folgenschwere Unfälle wurden so erfolgreich verhindert. Nun konnte die Bestandskonstruktion Schritt für Schritt demontiert werden.
Aus alt mach neu
Im direkten Anschluss erfolgte dann der Einbau der neuen Lichtbänder. Hierzu musste zunächst eine Ausgleichszarge auf die bestehende Zarge montiert werden. Diese schuf so eine geeignete Basis für die neue gewölbte Lichtbandkonstruktion, welche mit einem neuartigen Zargenanschlussprofil ausgestattet wurde. Dieses ermöglicht neben einem sicheren Anschluss für spätere Sanierungen, wie beispielsweise der Dachabdichtung oder der Dachdämmung, eine zusätzliche Dämmung am Zargenkopf. Außerdem nutzte Miele die Sanierung, um unter den neuen Tageslichtelementen JET-Durchsturzgitter installieren zu lassen. Diese bieten einen permanenten Schutz gegen Ab- und Durchsturz. Eine solche Absicherung dient nicht nur den Personen auf dem Dach, sondern auch den Gebäudebetreibern, die im Schadensfall sonst zur Verantwortung gezogen werden könnten.
Insgesamt 18 Lichtbänder konnten im Zuge der Hagelschlag-sanierung erneuert werden. „Dank der umfangreichen Komplettsanierung unserer Lichtbänder sind wir jetzt für die nächste Hagelschlagsaison gerüstet“, erklärt Bräkling. Und nicht nur das: Durch den Austausch der alten Sattellichtbänder gegen das hochmoderne JET-VARIO-THERM-System weist der Standort jetzt eine energieeffizientere Gebäudehülle sowie einen ausreichenden sommerlichen Wärmeschutz auf. Zusätzlich erfüllt die Produktionshalle nun die aktuellen Vorgaben zur Durchsturzsicherheit bei Tageslichtelementen auf dem Flachdach. In mehr als einem Punkt eine gelungene Sanierung.
Autor: Diplom-Ingenieur Bert Barkhausen
Bautafel
Objektadresse: Karl-Miele-Straße 29, 33332 Gütersloh
Bauherr und Projektsteuerung: Miele & Cie. KG, Abteilung Hochbau
Entwurf und Ausführungsplanung: Miele & Cie. KG, Abteilung Hochbau
Planung und Fertigung PC-Lichtbänder: JET Tageslicht & RWA GmbH, Hüllhorst
Montage: W & S Prietzel Industriemontagen GbR, Aken
Baukosten: rund 1,15 Millionen Euro
Gesamtbauzeit: März 2014 bis Oktober 2014