Großvoliere für gefiederte Exoten

JET-Gruppe stattet neues Vogelhaus im Berliner Zoo aus
 

An moderne Zoogebäude werden spezielle Anforderungen gestellt: Diese sollten nicht nur den unterschiedlichen Lebensgewohnheiten der tierischen Bewohner entsprechen, sondern auch den erlebnisorientierten Erwartungen der Besucher. Neben einem architektonisch ansprechenden Äußeren, müssen die verwendeten Materialen unbedenklich für Mensch und Tier sowie die Ausstattung artgerecht sein. Ein Vorzeigebeispiel ist das im Juni 2013 eröffnete neue Vogelhaus des Berliner Zoos. Bei diesem Projekt zeigt die JET-Gruppe (Hüllhorst) ihre hohe Leistungsfähigkeit bei der wirtschaftlichen Umsetzung von gläsernen Sonderkonstruktionen. Maßgeschneiderte Glasdächer und -fassaden sowie individuell angepasste geschwungene Lichtbänder über den Volieren sorgen für die geforderte Lichtdurchflutung und ein für Vögel wie Besucher ganzjährig angenehmes Raumklima.
 

Das neue Vogelhaus ist schon das dritte seiner Art im Berliner Zoo. Es ersetzte den an gleicher Stelle erbauten Vorgängerbau aus dem Jahr 1962. Trotz zahlreicher Umbauten und Renovierungen in der Vergangenheit entsprach dieser nicht mehr den Ansprüchen der Zoo-Betreiber an eine zeitgemäße Unterbringung und Präsentation von Vögeln. Die Zoo-Betreiber bezeichnen den Neubau stolz als das modernste Vogelhaus Europas. Den mehr als 100 Vogelarten wird sehr viel Freiraum zum Herumfliegen geboten und das in einer natürlich gestalteten Umgebung, die der Flora ihrer Herkunftsländer nachempfunden ist.
 

Vogelgerechte Gebäudekonzeption mit Ausblick
 

Schon der Vorgängerbau hatte eine Großvoliere, die als Freiflug-Bereich diente. Das neue Vogelhaus verfügt als zentrales Gebäudeelement gleich über zwei großflächig verglaste Freiflughallen mit einer Gesamtgrundfläche von 850 Quadratmetern und einer Höhe von circa neun Metern. Eine Halle ist in zwei Volieren aufgeteilt, so dass sich insgesamt drei nach Kontinenten getrennte Freiflug-Bereiche ergeben.
 

Ausreichende Tageslichtdurchflutung ist für das Gedeihen der angepflanzten Vegetation und das Wohlergehen der Vögel von besonderer Bedeutung. Bei der Ausführung der großflächigen gläsernen Bauteile vertraute der Bauherr daher auf die Erfahrung der JET-Gruppe (Hüllhorst), die ihre Kompetenz schon bei zwei anderen errichteten Zoogebäuden mit der Entwicklung von komplexen Glaskonstruktions-Lösungen unter Beweis stellte. Ein Highlight stellt die Betretbarkeit der Freiflug-Hallen über einen vom ersten Geschoss aus zugänglichen Baumwipfelpfad dar. So bietet sich den Zoobesuchern die Möglichkeit, den Vögeln in luftiger Höhe ganz nahe zu sein und sie in ihrem natürlichen Umfeld und Verhalten zu erleben. Die angepflanzte Vegetation ist dabei dem asiatischen Regenwald, australischen Trockenbuschland und der afrikanischen Savanne naturgetreu nachempfunden.
 

Eine weitere bauliche Besonderheit des Vogelhauses ist die Anordnung der anderen 48 Volieren um das Kerngebäude herum. Durch ihre geschwungene Form im Grundriss gleichen sie vier Schleifen. Die bandartigen Baukörper werden von den Planern deswegen als „Loop“ bezeichnet, die sich kleeblattförmig um den Hauptkörper der Freiflughallen anfügen. In den vier Loops (A, B, C und D) ist die Unterbringung und Präsentation der Vögel für die Besucher übersichtlich geographisch geordnet. Der flächenmäßig größte Loop D ist den Vögeln des südamerikanischen Regenwaldes, insbesondere den viel Platz beanspruchenden Papageien, vorbehalten. Im Uhrzeigersinn folgen die Loops für Afrika, Australien und Asien mit ihren jeweils typischen Vogelarten. Zu bestaunen sind aber auch Flughunde, die nachtaktive Säugetiere sind. Die innenliegenden Volieren verfügen auch über einen frei zugänglichen Außenbereich, so dass sich die Vögel individuell vor der Witterung geschützt drinnen oder bei angenehmem Klima auch draußen aufhalten können.
 

Spezielle Ansprüche an die Hallen-Verglasung
 

Bei der Ausführung der Freiflughallen kam eine Aluminium-Pfosten-Riegelkonstruktion zum Einsatz. Die Hallen sind mit senkrechten Glasfassaden auf zwei Seiten ausgestattet und verfügen über zehn Grad nach unten geneigte Glasdächer zum Durchgang in der Gebäudemitte. Die Einzelteile wurden im Werk JET Brakel Aero in Voerde (Nordrhein-Westfalen) vorgefertigt. Als Tragwerk diente eine bauseitig errichtete Holzleimbinderkonstruktion. Zum Schutz der Leimbinder vor möglicher Feuchte durch abtropfendes Kondensat wurden an den Seiten der Aluminiumpfosten wasserabweisende Bleche montiert. Im Glasdach sahen die Planer aus brandschutztechnischen Gründen die Integration von sieben Rauch- und Wärmeabzugs(RWA)- Flügeln vor. Diese RWA-Elemente haben zudem eine Lüftungsfunktion und sorgen damit für den täglich benötigten Luftaustausch. Auf diese Weise verhindern sie in den Sommermonaten eine Überhitzung im Halleninneren und leiten im Brandfall gefährliche Rauchgase nach außen. Gläserne Fassaden bergen allerdings immer die Gefahr, dass Vögel gegen die Verglasung fliegen. Daher wurde bei der Verglasung der rund 400 Quadratmeter Fassadenfläche innenseitig ein patentiertes Vogelschutzglas mit einer speziellen Beschichtung verwendet. Der hauchdünne Überzug (Ornilux mikado) macht UV-Licht für Vögel sichtbar, so dass sie die Verglasung als Hindernis erkennen. Für das menschliche Auge ist die Beschichtung hingegen praktisch nicht wahrnehmbar.
 

Maßgenaue Vorfertigung der Lichtbänder
 

„Beim Glastragwerk der Freiflughallen konnte auf eine Standardkonstruktion unseres Unternehmens zurückgegriffen werden. Die geforderte transparente Überdachung der Innenkäfige bei den Loops stellte aufgrund der geschwungenen Form und ihrer gewünschten Neigung schon eine konstruktive Herausforderung dar“, erklärt JET-Projektleiter Luis Garcia. Bei der Planung der Pfosten-Riegel-Konstruktion mit umlaufender Verblechung waren angesichts der teilweise runden Gestaltung neben rechteckigen Flächen zwangsläufig auch zahlreiche trapezförmige Segmentflächen zu berücksichtigen. Als eine besonders kniffelige Angelegenheit erwies sich die Aufkantung der in Beton erstellten Seitenwände. Bei der Betonierung ergaben sich durch entstehende Betontoleranzen Abweichungen von den bei der Planung der Pfosten-Riegel-Konstruktion berücksichtigten Maßen des Beton-Schalplans. Um einen passgenauen Einbau der im Werk vorgefertigten Einzelteile der Pfosten-Riegel-Konstruktion zu ermöglichen, mussten deshalb vor Ort die entstandenen Betontoleranzen aufgenommen und die Planungswerte für die Vorfertigung entsprechend angeglichen werden.
 

Bei der Materialauswahl für die lichtdurchlässige Überdachung entschieden sich die Planer in Abstimmung mit dem Bauherren für Polycarbonat (PC)-Massivplatten (Makrolon multi-UV6/16-20 PC-Platten) der Firma Bayer. Für ihre Verwendung musste eine Zulassung im Einzelfall eingeholt werden, die mit mehreren dafür erforderlichen Testversuchen und Prüfungen verbunden war. Die sechsfach-Stegplatte vereinte für das Projekt optimal relativ hohe Lichtdurchlässigkeit (circa 59 Prozent) mit einem geringen Gesamtenergiedurchlassgrad g von 57 Prozent. Ein besonderes Qualitätsmerkmal der Makrolon-Platte war die – durch eine zusätzlich aufgebrachte UV-Schutzschicht – hohe Witterungsbeständigkeit, die vom Hersteller durch eine zehnjährige Garantie bekräftigt wird.
 

Ende gut, alles gut
 

Im September 2012 wurde der Einbau sämtlicher Glas- und PC-Bauteile abgeschlossen. „Nach dem langen Winter standen wir durch die zeitliche Verzögerung des Montagebeginns unter Zeitdruck, da angesichts parallel laufender Arbeiten im Gebäude schnell Regendichtheit erreicht werden musste“, betont Garcia. „Hier bewährte sich nicht nur das harmonische Zusammenspiel unserer Niederlassungen, sondern auch die gute Zusammenarbeit mit den auf der Baustelle beauftragten Montagefirmen.“ Zum Leistungsumfang gehörten auch der Einbau von zehn Lichtkuppeln mit RWA-Funktion, einer RWA-Dunkelklappe in der Voliere der nachtaktiven Flughunde sowie eine Aufzugsschachtentrauchungsanlage. Dank des umfangreichen JET-Gesamtsortiments konnte der Wunsch, „alles aus einer Hand“ zu erhalten umgesetzt werden.
 

Am 10. Juni 2013 war es dann soweit: Im Beisein von Klaus Wowereit, dem regierenden Bürgermeister von Berlin, und des Präsidenten des Verbandes Deutscher Zoodirektoren, dem Kölner Zoodirektor Theo Pagel, wurde das neue Vogelhaus offiziell eröffnet. Wowereit lobte beim Rundgang mit dem Berliner Zoodirektor Bernhard Blaskiewitz das bauliche Ergebnis, das ohne das Engagement der Zoo-Mitarbeiter und aller Baubeteiligten nicht möglich gewesen wäre. „Das neue Vogelhaus ist ohne Zweifel eine herausragende neue Attraktion“, betonte Wowereit in seiner Einweihungsrede. „Ganz sicher trägt dieses wunderbare Haus dazu bei, künftig noch mehr Besucherinnen und Besucher auch unter den zahlreichen Berlin-Touristen anzusprechen.“ Stolz war der Bauherr auch darauf, dass zur Finanzierung keine öffentlichen Mittel erforderlich waren, sondern die Baukosten von rund 12,5 Millionen Euro durch Eigenkapital und Spenden gedeckt werden konnten.
 

Autor: Dipl.-Ing. Hans-Gerd Heye
 

Bautafel
 

Objektadresse: Zoologischer Garten, Hardenbergplatz 8, Berlin
Bauherr und Projektsteuerung: Zoologischer Garten Berlin AG, Bauherrenvertreter Projekt-S2 GmbH, Berlin
Entwurf und Ausführungsplanung: Lehrecke Witschurke Architekten BDA, Berlin
Planung und Vorfertigung Glasdach und -fassade (Freiflughallen): JET Brakel Aero GmbH Voerde, ein Unternehmen der JET-Gruppe
Montage: Asche Montage & Service, Premnitz
Planung und Fertigung PC-Lichtbänder (Loops): JET Brakel Aero GmbH Voerde, ein Unternehmen der JET-Gruppe
Montage: W & S Prietzel Industriemontagen GbR, Aken
Baukosten: ca. 12,5 Mio. Euro
Gesamtbauzeit: Herbst 2011 bis Anfang 2013

Innenansicht der Vogelvorliere
Das neue Vogelhaus verfügt als zentrales Gebäudeelement über zwei großflächig verglaste Freiflughallen mit einer Gesamtgrundfläche von 850 Quadratmetern und einer Höhe von circa neun Metern. Foto: JET-Gruppe
Bau Freiflughalle
Die Freiflughallen sind mit senkrechten Glasfassaden auf zwei Seiten ausgestattet. Bei der Verglasung der rund 400 Quadratmeter großen Fassadenfläche kam innenseitig ein patentiertes Vogelschutzglas zum Einsatz. Foto: JET-Gruppe
Momentaufnahme vom Bau der Loops
Eine bauliche Besonderheit des Vogelhauses ist die Anordnung von 48 Volieren um das Kerngebäude herum. Durch ihre geschwungene Form im Grundriss gleichen sie vier Schleifen, sogenannten „Loops“. Foto: JET-Gruppe
Dachkonstruktion
Bei den Freiflughallen kam eine Aluminium-Pfosten-Riegelkonstruktion zum Einsatz. Im Dach integriert sind 14 RWA-Klappen zur Entrauchung und täglichen Lüftung. Die Hallen sind mit senkrechten Glasfassaden auf zwei Seiten ausgestattet und verfügen über zehn Grad nach unten geneigte Glasdächer zum Durchgang in der Gebäudemitte. Die Einzelteile wurden im Werk JET Brakel Aero im rheinischen Voerde vorgefertigt. Foto: JET-Gruppe
Lüftungsfunktion
Die Fenster im unteren Bereich der Glasfassade sorgen durch ihre Lüftungsfunktion für den benötigten Luftaustausch. Auf diese Weise verhindern sie in den Sommermonaten eine Überhitzung im Halleninneren. Foto: JET-Gruppe
12-10-Vegetation
Die angepflanzte Vegetation in den Volieren im neuen Vogelhaus des Berliner Zoos ist den ursprünglichen Lebensorten der Tiere naturgetreu nachempfunden. Foto: JET-Gruppe
Besucherbereich
Auch die Besucherbereiche des neuen Vogelhauses im Berliner Zoo sind dank großzügiger Tageslichtelemente hell gestaltet. Foto: JET-Gruppe
RWA-Anlagen
Im Dach der Reserve-Volieren sahen die Planer aus brandschutztechnischen Gründen sieben Rauch- und Wärmeabzugs (RWA)-Öffnungen vor. Diese leiten im Brandfall gefährliche Rauchgase nach außen. Foto: JET-Gruppe
Außenansicht der Volieren
Das neue Vogelhaus im Berliner Zoo beherbergt mehr als 100 Vogelarten und bietet seinen gefiederten Bewohnern sehr viel Freiraum zum Herumfliegen – und das in einer natürlich gestalteten Umgebung, die der Pflanzenwelt ihrer Herkunftsländer nachempfunden ist. Foto: JET-Gruppe
Loops in der Bauphase
Die großflächigen gläsernen Bauteile bieten ausreichende Tageslichtdurchflutung im Inneren. Diese ist für das Gedeihen der angepflanzten Vegetation und das Wohlergehen der Vögel von besonderer Bedeutung. Foto: Lehrecke Witschurke Architekten BDA, Berlin
Grundriss des Vogelhauses
In den vier Loops um das Kerngebäude herum, ist die Unterbringung und Präsentation der Vögel für die Besucher übersichtlich geographisch geordnet. Foto: Zoologischer Garten Berlin AG
Außenansicht Loops
Die geforderte transparente Überdachung der Innenkäfige bei den Loops stellte aufgrund der geschwungenen Form und ihrer gewünschten Neigung eine konstruktive Herausforderung dar. Die innenliegenden Volieren verfügen zudem über einen Außenbereich, so dass sich die Vögel vor der Witterung geschützt drinnen oder bei angenehmen Klima auch draußen aufhalten können. Foto: JET-Gruppe